Bei Untersuchungen von Schwermetallen im Spuren- und Ultraspurenbereich in Meerwasser[172] und in geschmolzenen Eisproben aus der Antarktis und der Arktis [173] [174] interessiert besonders, inwieweit sich die anthropogene Verschmutzung in hochindustriell geprägten Regionen durch Transport über die Atmosphäre und Flüsse auf weit entlegene, unbesiedelte Gebiete auswirkt.
So konnten anhand von Eisproben aus dem Grönlandeis stark schwankende Bleigehalte in den letzten 8000 Jahren nachgewiesen werden [174].
Abb.46 Summit, zentrales Grönland: Veränderung der Pb-Gehalte im Eis während der letzten 8000 Jahre [174] |
Die sehr geringen Bleigehalte in Eis von 0,5 pg/g vor 7760 Jahren, die auf Boden- und Gesteinsstäube in der globalen Atmosphäre der nördlichen Hemisphäre zurückzuführen sind, blieben bis vor etwa 3000 Jahren nahezu konstant und können als natürliche Hintergrundbelastung angesehen werden. Erst durch die Emissionen des Blei- und Silberbergbaus und der Verhüttung während der Blütezeit der griechischen und römischen Kulturen stieg der Bleigehalt auf bis zu 3 pg/g vor 2000 Jahren an, und sank nach Zerfall des römischen Reiches wieder auf nahezu 0,5 pg/g. Vor 1500 Jahren begann dann der kontinuierliche Anstieg der Bleigehalte und erreichte in der Renaissance, hervorgerufen durch die vorindustrielle Entwicklung in Europa, 4pg/g im Grönlandeis.
In Proben, die der Zeit der industriellen Revolution zuzuordnen sind, stieg der Blei-Gehalt im Grönlandeis auf Werte um 10 pg/g weiter an. Spitzenwerte von 100 pg/g wurden in Proben aus den 60er Jahren dieses Jahrhunderts bestimmt, was dem 200-fachen der natürlichen Belastung entspricht.
Die im Meerwasser gelösten Hauptbestandteile wurden durch Goldberg[175] und Culkin[176] charakterisiert (Tab. 40).
Tab. 40 Zusammensetzung des Meerwassers- eine Auswahl einiger Hauptbestandteile |
Hauptbestandteile Element
|
Goldberg, Culkin [mg/l]
|
Cl |
1900 |
S |
901 |
Br |
67 |
Sr |
7,7 |
Ca |
410 |
Na |
10721 |
K |
398 |
Mg |
1350 |
Anläßlich einer Studie zur Klärung der natürlichen Hintergrundbelastung im offenen Atlantischen Ozean mit dem Forschungsschiff „Meteor“ März/April 1990 gelangte SCHMIDT [177] zu den in Tab. 41 angegebenen Befunden an Spurenmetallen. Die Ergebnisse werden zusammen mit der Analysenmethode angegeben und unterscheiden sich für einzelne Spurenmetalle je nach angewandter Methode.
Tab. 41 Natürlichen Hintergrundbelastung im
offenen Atlantischen Ozean
nach SCHMIDT[177]
Spurenmetalle |
Analytische Methode |
[µg/Kg] |
Cd |
DPASV |
0,002 |
Cd |
GFAAS |
0,002 |
Cr(VI) |
TRFA |
0,05 |
Cu |
TRFA |
0,03 |
Fe |
TRFA |
0,1 |
Hg |
CVAAS |
0,05 |
Ni |
TRFA |
0,1 |
Pb |
DPASV |
0,005 |
Pb |
TRFA |
0,01 |
Zn |
TRFA |
0,1 |
Der Befund wird hier unter Berücksichtigung der den Analysenprinzipien zugrundeliegenden Störungen und Nachweisgrenzen nicht gemittelt.
Für die atomspektrometrische Analytik ist zur Bestimmung der Schwermetallkonzentrationen im Spuren- und Ultraspurenbereich eine Anreicherung der Metalle unter Abtrennung der störenden Meersalzmatrix Voraussetzung. Speziell für diese Probenmatrix wurden verschiedene Anreicherungsverfahren entwickelt.
Für die flüssig-flüssig-Extraktion von Metallkomplexen wurden verschiedene Derivate der Dithiocarbamate eingesetzt, die eine selektive Abtrennung der Schwermetallspuren von der Seesalzmatrix ermöglichen [178] [179]. Erfolgreich wurde dieses Problem ebenfalls gelöst, indem verschiedene Ionenaustauscher eingesetzt wurden [172] [180].
Auch die FIA-Technik wurde für die on-line Anreicherung von Spurenmetallen und Matrixabtrennung aus Meerwasserproben in Verbindung mit atomspektrometrischen Methoden verwendet [172] [181] [182].
Die Salzwassermatrix stellt dagegen für die Voltammetrie kein Problem dar und selbst um Größenordnungen höhere Konzentrationen an Alkali- und Erdalkaliionen stören die Spurenelementbestimmung nicht. Sie üben vielmehr eine nützliche Funktion aus, da sie eine hinreichend hohe Leitfähigkeit, z.B. in Meerwasserproben, aber auch in anderen Wasserarten mit hinreichender Ionenstärke, gewährleisten [183].
In Wasserarten mit geringer Ionenstärke, z.B.Fluß-, Bach- und Seewasser niedriger Salinität, Regenwasser und Trinkwasser, muß deshalb durch Zugabe ultrareiner Chemikalien, z.B. HCl oder HClO4, eine hinreichende Leitfähigkeit eingestellt werden.
Der Analysengang muß bei den verschiedenen Techniken der differentiellen Pulsvoltammetrie zur Vermeidung systematischer Fehler (Kontamination und Verluste) schon während der vorausgehenden Probennahme und Probenvorbereitung auf das untersuchte Wasser abgestimmt sein. Je nach Typ des untersuchten Wassers sind nach der Probennahme mehr oder weniger umfangreiche Probenvorbereitungsschritte erforderlich (Kapitel 12.1).
Die erwähnten Proben wurden auf einer Arktis-Expedition des Forschungsschiffes „POLARSTERN“ im August 1994 gewonnen. Die Bedingungen der Probennahme wurden durch KRIEWS und SCHREMS [184] beschrieben. Die Wasserproben wurden durch ein vorgereinigtes Nucleopore-Filter mit 0,45 µm Porenweite filtriert und anschließend durch Zugabe von 1 ml destillierter, konzentrierter HNO3 je Liter Probe konserviert. Die Filtration der Wasserproben dient der Abtrennung von Kleinstlebewesen des Zoo- und Phytoplanktons sowie von suspendiertem Chlorophyll.
Für die sichere Bestimmung der Elemente Cadmium, Blei und Kupfer wurden längere Anreicherungszeiten als für die biologischen Matrices gewählt, um die untere Arbeitsbereichsgrenze den zu erwartenden Konzentrationen anzupassen. Zudem wurde jede Probe mit mindestens zwei Standardadditionen gemessen, damit der Einfluß der Salzmatrix auf das Signal jeweils berücksichtigt wird.
Die Ergebnisse der DPASV wurden mit denen der FI-GFAAS verglichen. Tab. 42 gibt Auskunft über die Analysenparameter von DPASV und FI-GFAAS.
Tab.42 Vergleich der Analysenparameter DPASV und FI-GFAAS |
|
DPASV |
FI-GFAAS |
DPASV |
FI-GFAAS |
DPASV |
FI-GFAAS |
|
Analysenparameter |
Cadmium |
Kupfer |
Blei |
||||
Nachweisgrenzen [µg/l] |
0,003 |
0,003 |
0,013 |
0,016 |
0,004 |
0,025 |
|
Kalibrierung [µg/l] |
0,012-0,5 |
0,02-0,1 |
0,02-2,0 |
0,05-0,4 |
0,012-0,5 |
0,05-0,5 |
|
Anreicherungszeiten [s] |
600 |
60 |
600 |
120 |
600 |
120 |
|
Korrelationskoeffizient |
0,9999 |
0,9989 |
0,9999 |
0,9994 |
0,9999 |
0,9996 |
|
Steigung |
14,842 |
3,2896 |
28,656 |
0,1415 |
8,4008 |
0,1996 |
|
Achsabschnitt |
-0,0036 |
0,0008 |
-0,4410 |
0,0092 |
0,1325 |
0,0060 |
DPASV: Nachweisgrenzen (P=0,95, f=6) Eichgeradenverfahren nach FUNK et al
[104] |
Die Probenmengen für diese Untersuchungen waren mit 20 ml stark limitiert und konnten daher nicht beliebig oft gemessen werden.
Die DPASV als Oligoelementverfahren ermöglicht aus einem Analysenlauf die simultane Bestimmung der genannten Metalle mit einem Probenbedarf von 5 ml. Von einer Wiederholmessung mußte abgesehen werden, da der Probenbedarf der FIA je Elementbestimmung (Doppelbestimmung) in Abhängigkeit der Anreicherungszeit zwischen 4 und 7,33 ml liegt.
Wegen des hohen Probenbedarfs der Einelement-Bestimmungsmethode FI-GFAAS konnten für die Vergleichsmessungen nicht alle Elemente aus einer Probe mit beiden Methoden bestimmt werden.
Bei den untersuchten Proben aus der Grönlandsee handelt es sich überwiegend um Meerwasserproben, die die Bezeichnung ARKX- tragen. Alle anderen Proben sind Süßwasserproben, die Eistümpeln und Gletschern entnommen wurden.
Die Proben wurden zunächst mit der DPASV vermessen, die Bestimmung mit der FI-GFAAS erfolgte ein dreiviertel Jahr später. Diese Tatsache soll erwähnt werden, da Abweichungen der Parallelbestimmungen mit beiden Methoden bei einzelnen Proben auftraten. Es ist nicht auszuschließen, daß sich einige Proben trotz Ansäuerns während der Probenlagerung veränderten.
Die Cadmium-Bestimmungen in Meerwasserproben zeigen eine gute Übereinstimmung der beiden Analysenmethoden für den Konzentrationsbereich von 0,006 bis 0,027 µg/l (s. Abb. 47).
Die von SCHMIDT[177] für Cadmium als natürliche Hintergrundbelastung ermittelten Werte sind mit 0,002 µg/l deutlich niedriger, als die ermittelten Werte. Die ermittelten Werte sind vergleichbar mit Cadmium-Konzentrationen von 0,017 bis 0,028 µg/l in Meerwasserproben aus der Ostsee [172]
Abb.47 Cd-Bestimmung in Proben aus der Arktis |
Die Unstimmigkeiten beim Cadmiumbefund der Probe ARKX-48 könnten auf eine geringfügige Kontamination oder auf eine Meßungenauigkeit zurückzuführen sein.
Auch für die Kupferbestimmung in den Meerwasserproben zeigen sich zufriedenstellende Übereinstimmungen der Meßergebnisse für den Konzentrationsbereich zwischen 0,070 und 0,270 µg/l beider Meßmethoden.
In Meerwasserproben aus der Ostsee wurden Kupfer-Gehalte von 0,254 bis 0,508 µg/l bestimmt[172]. Die zunächst deutlichen Mehrbefunde an Kupfer in einzelnen Proben konnten per Nachmessung an neu abgefüllten Proben nach unten hin korrigiert werden (s. Abb. 48).
Abb. 48 Cu-Bestimmung in Proben aus der Arktis |
Bei Süß- und Meerwasserproben wurden vergleichende Bleibestimmungen durchgeführt. Bei den Meerwasserproben konnte nur in der Probe Atlantik 54 Blei nachgewiesen werden. In allen weiteren untersuchten Meerwasserproben konnten mit beiden Methoden keine Bleikonzentrationen oberhalb der Bestimmungsgrenze nachgewiesen werden. Die dargestellten Ergebnisse geben hauptsächlich ein Bild der in Gletschereis und Süßwassertümpeln ermittelten Bleiwerte wieder und sind in diesem Zusammenhang als Methodenvergleich zu werten (Abb. 49).
Abb.49 Pb-Bestimmung in Proben aus der Arktis |
Auch hier zeigt sich über einen großen Konzentrationsbereich von den Nachweisgrenzen bis zu 2,3 µg/l eine gute Übereinstimmung der Meßergebnisse beider Methoden. Vergleichsdaten aus der Literatur liegen bei 0,002 bis 0,03 µg/l, in der Ostsee wurden Bleikonzentrationen von 0,021 bis 0,031 µg/l nachgewiesen [172].
[172] Bruhn, R.: Anreicherung von Schwermetallionen aus Meerwasser mit nachfolgender Messung durch ICP-MS. Diplomarbeit, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultät, Christian Albrecht Universität zu Kiel (1992).
[173] Boutron,C.F.; Ducroz, F.M; Görlach, U.; Jafrezo, J.-l.; Davidson,C.I.; Bolshov, M.: Variations in heavy metal concentration in fresh greenland snow from january to august 1989. Atmos. Environm. 27a (1989) 2773-2779.
[174] Boutron, C.F.; Hong, S.; Candelone, J.P.: History of the large scale atmospheric pollution of the northern hemisphere for heavy metals as documented in greenland snow and ice. In: Proceedings of the International Conference „Heavy metals in the Environment“ in Hamburg 18.9-22.9.1995. Hrsg.: R.-D. Wilken, U. Förstner, A. Knöchel, Volume 1 (1995) 28-33.
[175] Goldberg, E.D.: Minor elements in sea water, In: Riley, J.P. und Skirrow, G. (Eds.)Chemical Oceanography, London, 1 (1965) 193-196.
[176] Culkin, F.; Cox, R.A.: Sodium, potassum, magnesium and strontium in Sea water. Deep-sea Res., 13 (1966) 789-804.
[177] Schmidt, D.: Background Concentrations of Trace Metals in Sea Water: A Critical Aproach. In: Proceedings of the International Conference „Heavy metals in the Environment“ in Hamburg 18.9-22.9.1995. Hrsg. R.-D. Wilken, U.Förstner, A.Knöchel, Volume 2 (1995) 141-144.
[178] Danielsson, L.-G.; Magnusson, B.; Westerlund, S.: An improved metal extraction procedure for the determination of trace metals in sea water by atomic absorption spectrometry with electrothermal atomization. Anal. Chim. Acta 98 (1978) 47-57.
[179] Grasshoff, K.; Ehrhardt, M.; Kremling, K. (Hrsg.) Methods of seawater analysis. 2. überarbeitete und erweiterte Auflage. Verlag Chemie, Weinheim, (1983)
[180] Zivkovic, B.: Spurenelementbestimmung in Meerwasserproben mittels ICP-MS nach Anreicherung an Ionenaustauschern. Examensarbeit im AK Dannecker, Fachbereich Chemie, Universität Hamburg (1995).
[181] Sperling, M.; Yin, X.; Welz, B.: Flow injection on-line separation and preconcentration for elektrothermal atomic absorption spectrometry. Part1. Determination of ultratrace amounts of cadmium, copper, lead and nickel in water samples. J. Anal. At. Spectrom., 6 (1991) 295-300.
[182] Bredthauer, U.; Agger, J. ; Dannecker, W.: Bestimmung von Schwermetall-konzentrationen im Spuren- und Ultraspurenbereich in den Probenmatrices Regen, Meerwasser und Fischleber mit der FI-GFAAS. In: CANAS `95 Colloquium Analytische Atomspektroskopie. Hrsg.: K. Dittrich und B. Welz, Universität Konstanz (1995).
[183] Nürnberg, H.W.: Moderne voltammetrische Methoden zur Analyse von Spurenmetallen und Spurenstoffen in verschiedenen Wassertypen. VGB Kraftwerkstechnik 63 (1983) Heft 10.
[184] Kriews, M.; Schrems, O.: Pollution in the arctic: Determination of heavy metals in deposition samples from Spitzbergen. In: Proceedings of the International Conference „Heavy metals in the Environment“ in Hamburg 18.9-22.9.95. Hrsg. R.-D. Wilken, U.Förstner, A.Knöchel Volume 1 (1995) 371-374.