3.1.5 Square-Wave-Polarographie
5 Übersicht über die Entwicklung der Voltammetrie

4 Elektrochemische Untersuchungen zur Spurenelementbestimmung

Das Ausmaß der Toxizität und das physikalisch-chemische Verhalten von Metallen in einer Umweltmatrix (natürliche Gewässer, Luft, Boden, Pflanzen, Tiere etc.) hängt ausschlaggebend von den Bindungsformen (Species) ab, in denen sie in der betreffenden Matrix vorliegen. Dieses im Vergleich zur Bestimmung totaler Spurenelementgehalte wesentlich anspruchsvollere Gebiet der Spurenanalyse (Identifizierung, Quantifizierung und physikochemische Charakterisierung der Species) verlangt entweder den Einsatz substanzspezifischer Methoden (z.B. Voltammetrie, Chromatographie, Spektrophotometrie) oder durch die Kopplung ihrer Natur nach elementspezifischer Methoden (z.B. AAS, ICP-AES) mit substanzspezifischen Trennverfahren (Chromatographie, Flüssigextraktion). Dabei ist zu beachten, daß nicht alle substanzspezifischen Methoden bzw. Kombinationen von substanzspezifischen Trennverfahren mit elementspezifischen Bestimmungs-verfahren in allen Typen von Matrices einsetzbar sind. Bestimmte substanzspezifische Methoden, z.B. Voltammetrie, sind es nur in wäßrigen Matrices. Die Wasserprobe darf natürlich keine chemische Veränderung erleiden, so daß mit Ausnahme der Abtrennung der Schwebstoffe durch Filtration auf weitere Schritte der Probenvorbereitung, wie z.B. Einstellung optimaler pH-Werte, UV-Bestrahlung etc. verzichtet werden muß. Liegen andere Matrixtypen vor, muß man auch diese Methoden mit substanzspezifischen Trennverfahren koppeln.

Auch wenn die Voltammetrie gute und weitreichende Möglichkeiten zur Untersuchung von in natürlichen Gewässern gelösten Schwermetallspezies bietet, so birgt die hohe Spezifität bei der Analyse einer komplexen Matrix die Gefahr in sich, daß nur ein geringer Teil der Gesamtmetallkonzentration erkannt werden kann, was in hohem Maße von der vorhergehenden Probenaufarbeitung abhängt. Um die Möglichkeiten der Voltammetrie, aber auch das Verhalten der Metalle in der Meßlösung bei der voltammetrischen Analyse zu beschreiben, soll im folgenden kurz auf die voltammetrische Speciesanalytik eingegangen werden.


4.1 Anwendbarkeit elektrochemischer Bestimmungsmethoden

Elektrochemische Techniken können dazu genutzt werden, Informationen über die Bindungsform von Metallen zu erhalten. Dazu wird die Unterscheidung von Bindungsformen herangezogen sowie Oxidationsstufen und Halbwellen-Potentiale gemessen, auf die im folgenden eingegangen wird.


4.1.1 Unterscheidung von labiler und inerter Bindungsform

Die Bestimmung von labil gebundenen (bzw. reaktiven) Metallionen basiert auf der Bestimmung der Metallkonzentration in der Probe, welche aus einer gerührten Lösung an einer Hg-Elektrode reduziert werden kann [23].

Labile Metallionen bestehen aus freien Metall-Ionen, die an der Diffusions-Doppelschicht der Elektrode aus Komplexen und kolloidalen Partikeln dissoziieren können und deshalb an die Hg-Elektrode gelangen [20].

Die Differenz zwischen dem Gesamtmetall und der labilen Metall-Fraktion wird dann als inertes oder nicht-reaktives Metall bezeichnet. Einige Parameter, die den Prozentsatz des labilen Metalles beeinflussen, sind das Anreicherungspotential, die Rührgeschwindigkeit, der Hg-Tropfendurchmesser, die Pulsfrequenz, pH-Wert, Temperatur und Pufferzusammensetzung.

Es hat sich gezeigt, daß die labile Metallfraktion unter bestimmten Bedingungen gut mit der toxischen Fraktion des Metalles (Tab. 2) übereinstimmt [21].

Tab.2 Toxizität und elektrochemische Labilität einiger Species in Wasser aus [22].

Species

Toxizität

elektrochemisch labil

As(III)

hoch

hoch

As(V)

niedrig

niedrig

Cr(III)

niedrig

niedrig

Cr(VI)

hoch

hoch

Tl(I)

hoch

hoch

Tl(III)

niedrig

niedrig

Cu2+

hoch

hoch

CuCl2

hoch

hoch

CuCO3

niedrig

hoch

Cu2+ -Fulvinsäure

niedrig

niedrig

Cu2+ /Huminsäure/ Fe2O3

mittel

mittel

Für natürliche Wässer[23] wurde die Anodic Stripping Voltammetrie (ASV) zur Unterscheidung der labilen und inerten Metall-Fraktionen von Cu, Pb, Cd, Zn, Mn, Cr, Tl, Sb und Bi eingesetzt. Kolloidale Partikel aus Fe2O3, MnO2, Huminsäure etc. mit adsorbierten Schwermetallionen können als Spezialfall eines Metallkomplexes angesehen werden und haben einen signifikanten Anteil bei der Messung labiler Schwermetallfraktionen[24].


4.1.2 Redox-Stufe

Die Bestimmung der Redox-Stufe eines Elementes in Lösung ist wichtig, da sie die Toxizität, adsorbierendes Verhalten und den Metalltransport drastisch beeinflussen kann.

Verschiedene Oxidationsstufen eines Elements können drastische Unterschiede in ihrer Toxizität aufweisen. Während Cr(VI) anionisch (chromatisch) und hoch giftig ist, ist Cr (III) nicht toxisch und kann als anionische oder kationisch hydrolisierte oder organische Species existieren [26]. Für einige andere Elemente jedoch, einschließlich Tl, As und Sb, ist die niedrigere Valenz-Stufe die giftigere.

Polarographie und ASV wurden u.a. zur Unterscheidung von Fe(III)/(II)[25], Cr(VI)/(III)[26], Tl(III)/(I)[27], Sn(IV)/(II)[28], Mn (IV)/(II)[29],[30], Sb(V)/(III)[28], As(V)/(III)[31], Se(VI)/(IV)[32] benutzt.

Für einige Elemente ist die Bestimmung der Redox-Stufe ein besonderer Fall der Unterscheidung von labiler und inerter Bindungsform, da eine Valenz-Stufe innerhalb des Elektrodenpotentials elektrochemisch aktiv und die andere inaktiv ist. Die labile Valenz-Stufe des Elementes kann in Gegenwart der unreaktiven Form durch eine einfache Polarographie- oder ASV- Messung unterschieden werden. Der Gesamtmetallgehalt kann dann nach chemischer Behandlung der Probe gemessen und die Konzentration der inerten Valenz-Stufe durch die Differenz bestimmt werden. Einige Metallionen, die elektrochemisch inert sind, da sie in den meisten Lösungen überwiegend hydrolysiert sind, z.B. Sb(V) und Sn(IV), werden labil, wenn die Probe stark angesäuert wird [28]. Sb(III) kann in 0,2 M HCl bestimmt werden, und der gesamte Sb-Gehalt in 6-8 M HCl. Sb(V) wird dann durch die Differenz berechnet. Alternativ und vorzugsweise kann das gesamte Sb nach der Reduktion von Sb(V) zu Sb(III) mit Hydrazinhydrochlorid gemessen werden [28].

Eine allgemein angewendete Methode für die Unterscheidung von Cr(VI) und Cr(III) besteht darin, die Wasserprobe durch eine Säule von anionischem Austauscher-Harz zu führen. Cr(VI) wird als CrO42- adsorbiert, während von Cr(III) angenommen wird, daß es die Säule als kationische Species durchläuft. Allerdings liegt Cr(III) in natürlichen Wässern als anionisches Cr(OH)4- vor und wird daher auf der Säule mit adsorbiert. In der polarographischen Methode für die Cr-Bestimmung werden Cr(VI) und das gesamte Cr sequentiell in acetatischem Puffer mit Halb-Wellen-Potentialen von - 0,3 und - 1,8 V (gegen gesättigte Kalomelelektrode, SCE) bestimmt [26]. Somit können die Oxidationsstufen des Chroms mit der Polarographie leicht unterschieden werden.


4.1.3 Halbwellenpotential-Verschiebungen

Verschiebungen des ASV-Peak-Potentials von Metall-Ionen in Gegenwart von Komplexbildnern können Aufschluß über die thermodynamischen Stabilitäten von Komplexen in Lösungen geben.

Beispielsweise ist das ASV-Peakpotential von Cu in Seewasser etwa 0,2 V negativer als das Peakpotential in Nitrat- oder Acetatlösung. Diese Verschiebung zeigt die relativ hohe Stabilität von Kupfer(I)-chlorokomplexen verglichen mit denen des Cu(II).

Bei hoher Cl--Konzentration wird Cu in einem Ein-Elektronen-Schritt von der Elektrode elektrolytisch abgelöst und bildet einen Kupfer(I)-chlorokomplex, dagegen wird in Nitrat-Lösungen Cu(II) in einem Zwei- Elektronen- Schritt abgelöst [33].


4.2 Einschränkungen bei den elektrochemischen Bestimmungsmethoden

Trotz ihrer Vielseitigkeit sind die elektrochemischen Methoden in ihrer Anwendbarkeit begrenzt. Wie mit der Mehrzahl der analytischen Bestimmungsmethoden kann auch mit elektrochemischen Methoden nicht die Konzentration von individuellen ionischen Species ermittelt werden. Die Ionenselektive Elektroden-Potentiometrie (ISE) ist die einzige Methode, mit der die Aktivität von einzelnen Ionen gemessen werden kann. Die Anwendbarkeit des ISE ist aber sehr durch ihre geringe Empfindlichkeit eingeschränkt. Andere elektrochemische Methoden, wie Polarographie und ASV, sind dynamische Systeme, die Strom durch die Lösung leiten und das ionische Gleichgewicht stören. So ist es z.B. nicht möglich, ASV anzuwenden, um zwischen labilen Cadmium-Species wie Cd2+, CdSO4, CdCl- und CdCO3 zu unterscheiden. Ein einziger ASV-Peak wird für ein Gemisch dieser Cd-Species erzielt.

Andere Bestimmungsmethoden, einschließlich der Ionen-Austausch-Chromatographie, Dialysen und Ultra-Filtrationen, stören ebenfalls das natürliche ionische Gleichgewicht in einer Probe während des Trennungsvorgangs. Somit leiden alle aufgeführten Bestimmungsmethoden unter dem gleichen Mangel an Spezifität [34].

Eine häufig auftretende Interferenz bei der ASV, Polarographie und anderen elektrochemischen Techniken wird durch die Adsorption von organischem Material auf der Hg-Elektrode verursacht. Eine adsorbierte Schicht von organischem Material kann die Diffusion von Metallionen behindern und dadurch den Diffusionsstrom verringern oder ausschließen. Dadurch kann ein nicht-lineares Verhalten zwischen dem inversvoltammetrischen (stripping) Strom der Abelektrolyse und der Anreicherungszeit verursacht werden. Alternativ können Adsorptions- und Desorptionsprozesse durch organische Dipole an der Quecksilberoberfläche Peaks hervorrufen. Diese sogenannten "tensametrischen" Peaks werden besonders dann beobachtet, wenn Voltammetrie-Techniken mit hoher Frequenz (SWV oder DPP) angewandt werden [35] [36].

5 Übersicht über die Entwicklung der Voltammetrie

[20] Florence, T.M.: J. Electroanal. Chem., 168, (1984) 207 in [22]

[21] Young, J.S.; Gurtisen, J.M.; Apts, C.W. and Creccelius, E.A.: Mar. Environ. Res. 2 (1979) 265 in [22]

[22] Florence, T.M.: Electrochemical Approaches to Trace Element Speciation in Waters, A Review, Analyst (1986) Vol. 111

[23] Florence, T.M.;Lumsden, B.G. and Fardy, J.J.: Evaluation of some physico-chemical techniques for the determination of the fraction of dissolved copper toxic to the marine diatom nitzschia closterium, Anal.Chim. Acta, 151 (1983) 281-295

[24] Benes, P.; Majer,V.: „Trace Chemistry of Aqueous Solutions,“ Elsvier, Amsterdam (1980)

[25] Leon, L.E.; Sawyer, D.T.: Anal. Chem. 53 (1981) 706 in [22]

[26] Batley, G.E.; Matousek, J.P.: Anal.Chem. 52 (1980) 1570 in [22]

[27] Batley, G.E.; Florence, T.M.: J. Electroanal. Chem. 61 (1975) 205 in [22]

[28] Batley, G.E.; Florence, T.M.: J. Electroanal. Chem. 55 (1974) 23 in [22]

[29] O`Halleran, R.J.: Anal. Chim. Acta 140 (1982) 51 in [22]

[30] Knox, S.; Turner, D.R.: Polarographic Measurements of Manganese (II) in Estuarine Waters, Estuarine Coastal Mar. Sci. 10 (1980) 317 –324.

[31]Henry, F.T.; Kirch, T.O.;Thorpe, T.M.: Anal. Chem. 51 (1979) 215 in[22]

[32] Hamilton, T.W.; Ellis, J.; Florence, T.M.: Anal.Chim. Acta 110 (1979) 87 in [22]

[33] Nelson, A.; Mantoura, R.F.: Electroanal. Chem. 164 (1984) 237 in [22]

[34] Florence, T.M.; Batley, G.E.: CRC Crit. Rev. Anal. Chem. 9 (1980) 219 in [22]

[35] Jacobse, E.; Lindseth, H.: Anal. Chim. Acta, 86 (1976) 123 in [22]

[36] Batley, G.E.; Florence, T.M.: J. Electroanal. Chem. 72 (1976) 121 in [22]