5.3 Die Voltammetrie in der Routineanalytik 5.3 Die Voltammetrie in der Routineanalytik
6.3 Grundlagen aus der Meßwertverarbeitung

6 Entwicklung eines Meßwerterfassungs- und Ablaufsteuerungsprogramms

Problemstellung und Analysenstrategie
Abb.12 Problemstellung und Analysenstrategie

Aus Abb.1 folgen für einen Analytiker drei Aufgabengruppen. Es handelt sich hierbei um die Probenvorbereitung, das Messen der Probe und die Interpretation und Dokumentation der gewonnenen Daten. Diese Daten müssen dann an das Labor-Informations-Management-System (LIMS) weitergeleitet werden.

Zwischen Probenvorbereitung und Dokumentation der Meßergebnisse sind jedoch eine Reihe von Routineaufgaben zu bewältigen, die einer optimalen Auslastung des Labors entgegenstehen.

Als Routineaufgaben sind hier zunächst der Meßwertaufnahmeprozeß und die Meßwertanalyse zu verstehen. Der Meßwertaufnahmeprozeß besteht aus einer Zusammenstellung von Betriebsmitteln und ihrer Ablaufsteuerung. Die Betriebs-mittel sind durch ein Meßgerät und diverse Zusatzgeräte gegeben. Zusatzgeräte werden eingesetzt, um die Meßwerterfassung zu unterstützen bzw. zu ermöglichen. Die Meßgeräte liefern Signale, die der Meßwertaufnahmeprozeß über einen gewissen Zeitraum abgreift und zu Meßkurven zusammenfaßt. Diese Kurven bilden die Grundlage der Meßauswertung. Dieser Prozeß sammelt die Meßkurven und ermittelt die Probengehalte sowie die zur Interpretation der Meßergebnisse notwendigen Informationen. Bei einem rechnergestützten Meßwertaufnahme- und Auswertesystem könnten diejenigen Meß- und Zusatzgeräte mit ihrem vollen Funktionsumfang, auf die ein Analytiker zugreifen muß, in einem vom System verwalteten Gerätepool zusammengefaßt werden. Der Analytiker hat dann die Möglichkeit, aus diesem Pool seine zur Analyse notwendigen Meßapparaturen und Methoden zusammenzustellen und parallel ablaufen zu lassen.

Werden die Meßkurven dann rechnergesteuert und zeitlich exakt zu der Ablauf­steuerung aufgenommen, so ist es möglich, dem Analytiker diese Schritte vollständig abzunehmen. Gewährleistet das System für den Auswerteprozeß eine problembe­zogene Auswertung , so könnten die unterschiedlichen Meßkurven dann unter einheitlichen Bedingungen ausgewertet und gegenüberstellt werden.

Unter dem Namen DART (Discrete Analytical Research Tool) sollte ein solches System, wie in den folgenden Kapiteln erläutert, entwickelt werden.


6.1 Gemeinsamkeiten verschiedener Meßmethoden und Analysen-prinzipien

Das Analysenprinzip beschreibt sich durch die Wechselwirkungen zwischen Analyt und z.B. Licht bestimmter Wellenlänge, die zu interpretierbaren Meßwerten führen. Grundlage eines solchen Prinzips ist die Meßmethode, die sich in die naßchemischen und in die instrumentellen Methoden unterteilen [17]. Der Einfachheit halber wird nur auf die quantitativen instrumentellen Methoden eingegangen. Diese lassen sich in drei Hauptgruppen unterteilen:

Bei optischen Methoden liegen die Analysenprinzipien Emission bzw. Absorption zugrunde. Wechselwirkungen zwischen elektromagnetischer Strahlung und Atomen bzw. Molekülen führen zu den Meßwerten. Als typische Meßmethoden seien die Atomabsoptions-Spektrometrie, die Massenspektro-metrie und Röntgenfluoreszenzspektrometrie genannt. Diese Meßmethoden werden hier nicht weiter behandelt [95] [96] [5] .

Trennmethoden stellen generell alle physikalisch-chemischen Verteilungen zwischen zwei unterschiedlichen Phasen dar. Bei diesen Methoden haben sich vor allem chromatographische Trennmethoden etabliert. Die analytische Chromatographie beruht darauf, daß verschiedenartige Verbindungen mit unterschiedlichen Wanderungsgeschwindigkeiten ein System aus einer mobilen und einer stationären Phase durchlaufen. Die stationäre Phase besteht normalerweise aus einem festen Trägermaterial, das in eine geeignete Röhre aus Quarz, Glas oder Metall eingefüllt und mit geeigneten Substanzen imprägniert ist. Während der Analyse passiert die flüssige Phase (aufbereitete Probe) die Säule, und die Trennung in ihre Komponenten geht infolge ständiger Wechselwirkung mit der stationären Phase beim Durchwandern der Säule vor sich. Die einzelnen Bestandteile der mobilen Phase kommen zeitlich voneinander getrennt beim Detektor an. Das Auftreten eines Signals in Abhängigkeit der Retentionszeit führt zu einer qualitativen, die Höhe oder Fläche des Signals zu einer quantitativen Interpretation.

Elektroanalytische Methoden wie z.B. die Voltammetrie verwenden Strom-Spannungs-Beziehungen zur Erzeugung einer analytischen Information. Jedem einzelnen Extrem­wert (Peak) kann eindeutig ein Element zugeordnet werden. Dabei ist die Position des Peaks elementabhängig und die Höhe konzentrationsabhängig (Meßwert). Die Existenz und die Lage (Potential) eines Peaks läßt eine qualitative, der Meßwert eine quantitative Aussage zu.

Bei diesen völlig unterschiedlichen Meßprinzipien kann man erkennen, daß eine Größe mit der Zeit kontinuierlich (meistens linear) verändert wird. Diese Größe wird auf die x-Achse der Meßkurve aufgetragen. Das zugehörige Meßsignal wird der y-Achse zugeordet. Die Meßkurven bei den meisten Meßprinzipien können durch folgende Funktionen dargestellt werden:

g(t) = x,     für die dem Analysenprinzip zugeordnete Größe. g(t) ist für die relevanten Prinzipien eine lineare Funktion.

f(x) = y,      für das Meßsignal, aus dem die analytische Information abgeleitet wird.

Mit Hilfe dieser Funktionen kann eine Meßkurve als f(g(t)) vollständig beschrieben werden. Eine Erfassung und Auswertung dieser Funktion kann bei Einsatz eines Rechners erfolgen, wenn die Meßsignale in digitaler Form vorliegen. Die gewünschte Transformation des Meßsignals in digitale Informationen ist nicht un­problematisch. Auf die dabei auftretenden Schwierigkeiten wird im Kapitel über Meßwertverarbeitung eingegangen.


6.2 Fachübergreifende Systemoptimierung

Um Fehlerursachen zu minimieren und die Voltammetrie im Routinebetrieb für die Spurenanalyse einsetzen zu können, mußte ein System geschaffen werden, das den Analytiker bei der Messung weitestgehend von manuellen Eingriffen entlastet und alle zeitabhängigen Operationen ausführt. Eine Analyse besteht im wesentlichen aus einer Reihe von sich ständig wiederholenden Teilaufgaben, die so exakt wie möglich ausgeführt werden sollen. Eine Automation dieser Aufgaben gewährleistet eine gleichbleibende Qualität der Analysenresultate unabhängig von der "Tagesform" des Analytikers.

Die rechnergestützte Steuerung und Weiterverarbeitung der erhaltenen Signale stellt auch bei anderen in der analytischen Chemie angewandten Meßverfahren eine Weiterentwicklung dar und ermöglicht oft erst deren Einsatz im Routinebetrieb. Oft müssen Dosierpumpen, Autosampler oder andere die Analytik automatisierende bzw. steuernde und auswertende Geräte nachgerüstet werden, deren Einsatz koordiniert werden muß. Die Detektoren anderer Analyseverfahren wie Ionenchromatographie (IC), High Performance Liquid Chromatographie (HPLC), Gaschromatographie oder aber elektro-chemische Methoden wie Potentiometrie und Voltammetrie erzeugen analoge Signale. Hierbei wird von einem Integrator die Aufzeichnung und teilweise die Auswertung der Meßsignale vorgenommen. Eine digitale Weiterverarbeitung (z.B. Kalkulation, Statistik usw.) ist in der Regel nicht möglich.

Die Steuerung der Meßprozeduren muß daher einem rechnergestützten System übertragen werden und die analogen Meßwerte mit Hilfe eines Analog-Digital-Umsetzers (A/D-Wandler), wie er in der Prozeßdatenverarbeitung üblich ist, in digitale Form überführt und dem Rechner direkt verfügbar gemacht werden.

Daher wurde ein A/D-Wandler für die Meßwertaufnahme und eine Multi IO-Karte für Steuerungsaufgaben eingesetzt [97].

Folgende Aspekte dieser interdisziplinären Arbeit ergaben sich durch :

- die Entwicklung einer einheitlichen Steuerung der Meßapparaturen, Auto-Sampler, Dosierpumpen usw.

- die unterschiedlichen Anforderungen der einzelnen Apparaturen. Ihnen wurde durch Steuerungsparameter Rechnung getragen.

- die Entwicklung einer einheitlichen Meßwertaufnahme, die die unterschiedlichen Meßbereiche (z.B. durch den A/D-Wandler vorgegeben) und die unterschiedlichen Meßzeitintervalle unterstützt.

- die Entwicklung einer einheitlichen Meßwertverarbeitung, wobei die Meßwerte eine diskrete Funktion der Zeit bilden.

- die Integration der Meßkurve. Das störende Grundrauschen, die Drift der Grundlinie und ein „Überlappen“ der Peaks von Elementen oder Verbindungen mit benachbarten Retentionszeiten bzw. Halbstufen-potentialen muß erkannt und ausgewertet werden.

- die Entwicklung von Schnittstellen für die Weiterverarbeitung der gemessenen und berechneten Daten mit gängigen Software-Produkten.

- die Ausgabe der gemessenen und berechneten Daten in einem Report, der den Anforderungen hinsichtlich der analytischen Qualitätssicherung und Dokumentation der Meßergebnisse genügt.


6.3 Grundlagen aus der Meßwertverarbeitung

[95] Merian, E. : Metals and their compounds in the environment, occurence, analysis and biological relevance, Verlag Chemie, Weinheim (1986).

[96] Naumer, H.; Heller, W.: Untersuchungsmethoden in der Chemie, Einführung in die moderne Analytik, Georg Thieme Verlag Stuttgart New York (1986).

[97] Wagner, C.: Entwicklung eines Meßwertaufnahme- und Auswertesystems für chromatographische und elektrochemische Analyseverfahren, Diplomarbeit an der Universität Hamburg, Fachbereich Informatik (1993).